Vertikale und horizontale Governance weiterentwickeln
SÄULE 4
Entscheidend für den Erfolg des ÖREK 2030 und die gesamtstaatliche Handlungsfähigkeit im weiteren Sinne sind neben den Strategie-Inhalten die Umsetzungsprozesse. Diese sind auf gut funktionierende Government- und Governance-Regelungen angewiesen. Die Government-Rahmenbedingungen (Gesetze, Steuern, rechtliche Zuständigkeiten, politische Strukturen usw.) bilden die wesentliche Grundlage für das Erreichen der inhaltlichen Ziele des ÖREK. Governance kann unterstützend wirksam werden, wenn die beteiligten Akteur:innen eine positive Grundhaltung gegenüber dem Kooperationsgedanken einnehmen und wenn ausreichende Ressourcen und ein gewisses „Governance-Know How“ für die geeignete Gestaltung von Strukturen und Prozessen zur Verfügung stehen.
Wenn gesetzliche Rahmenbedingungen das Erreichen der ÖREK-Ziele erschweren oder diesen Zielen gar widersprechen, kann das durch eine gute Governance nicht kompensiert werden.
Eine gut funktionierende Governance ist für die Umsetzung des ÖREK 2030 von großer Bedeutung. Die inhaltlichen übergeordneten Grundsätze der Klimaverträglichkeit und Nachhaltigkeit, der Gemeinwohlorientierung und der Gerechtigkeit erfordern für die konkrete Ausgestaltung Abwägungs- und Aushandlungsprozesse. Auch die unterschiedliche regionale und räumliche Betroffenheit durch den Wandel sowie die Verschiedenheit der regionalen Potenziale für die Gestaltung der nötigen Transformation erfordern ein Zusammenspiel übergeordneter Strategien. Die Umsetzung muss an die regionalen und lokalen Gegebenheiten angepasst stattfinden.
Für die Weiterentwicklung der vertikalen und horizontalen Governance spielt auch die Mitwirkung an europäischen Strategien und Prozessen der Raumentwicklung eine wichtige Rolle. Einerseits geht es darum, raumrelevante österreichische Interessen zu formulieren und in die verschiedenen grenzüberschreitenden und transnationalen Prozesse einzuspielen. Andererseits liefern die europäischen Strategien und Prozesse wichtige Impulse, die strategisch gebündelt und in die Planungen auf Bundes-, Landes-, Regions- und lokaler Ebene integriert werden sollen.
„Für die Umsetzung der ambitionierten Ziele des ÖREK ist eine gute Governance erforderlich. Das bedeutet vor allem: ein noch besseres Zusammenspiel aller relevanten Politik- und Planungsebenen! Hier ist, wie man so schön sagt, „noch Luft nach oben”!“
Rainer Danielzyk, Geograf, ARL Hannover
Da in Österreich eine Rahmengesetzgebung des Bundes bzw. eine koordinierende Bundes-Raumordnung fehlt, ist eine intensive Abstimmung zwischen räumlichen und sektoralen Planungen umso wichtiger. Es geht einerseits darum, räumliche Ziele durch eine Prüfung der Raumwirksamkeit sektoraler Strategien und Planungen frühzeitig zu integrieren. Andererseits sind sektor-politische Anliegen in die Pläne und Verfahren der Raumentwicklung und Raumordnung aufzunehmen. Von besonderer Bedeutung ist insbesondere die Abstimmung zwischen Sektorzielen, räumlichen Zielen und Zielen für den Klima- und Biodiversitätsschutz sowie die Anpassung an den Klimawandel.
Neben diesen Aspekten der horizontalen Governance ist auch die vertikale Koordination und Abstimmung zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaften vom Bund bis zu den Gemeinden von großer Bedeutung für eine funktionierende räumliche Entwicklung. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der (stadt-)regionalen Handlungsebene. Diese war raumordnungsrechtlich und institutionell über lange Zeit schwach ausgestattet, hat im letzten Jahrzehnt jedoch stark an Bedeutung gewonnen und sich im Zuge dessen stärker professionalisiert. Die aktuellen Herausforderungen in der Raumentwicklung können immer weniger auf der lokalen Ebene bewältigt werden. Deshalb ist davon auszugehen, dass Gemeindekooperationen und die (stadt-)regionale Handlungsebene auch zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen und dementsprechend verankert und mit Ressourcen auszustatten sein werden.
Besonders im Mittelpunkt aktueller Transformationsprozesse stehen Städte und Stadtregionen sowie ländliche und alpine Räume. Sie sind nicht nur mit großen Herausforderungen konfrontiert, sondern können auch wesentliche Beiträge zu einer klimaneutralen, nachhaltigen und resilienten Raumentwicklung auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene leisten.
Die Komplexität der Herausforderungen nimmt zu und die Veränderungsgeschwindigkeit ist groß. Deshalb braucht es, neben vertikalen und horizontalen Abstimmungsmechanismen, Information und Bewusstseinsbildung sowie geeignete Mitwirkungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft und die interessierte Öffentlichkeit. Dafür steht ein breites Repertoire an Methoden und Verfahren zur Verfügung. Wichtig ist, dass die öffentliche Hand Beteiligungsprozesse inhaltlich, organisatorisch und finanziell unterstützt. Durch die Beteiligung steigt zwar meist der Koordinationsaufwand, dafür sind die Ergebnisse meist tragfähiger und stellen eine wesentliche Erleichterung bei der späteren Umsetzung dar.
Für den Erfolg des ÖREK 2030 sind nicht nur grenzüberschreitende und transnationale Kooperationen, horizontale und vertikale Abstimmungen sowie eine geeignete Öffentlichkeitsbeteiligung von großer Bedeutung. Auch eine wohlüberlegte Kommunikation raumplanerischer Themen ist wichtig. Wichtig sind dabei positive Frames und Narrative, diean der Alltagswelt der Menschen anknüpfen.
Damit vertikale und horizontale Governance gestärkt wird, braucht es zusätzlich zu den bestehenden kompetenzrechtlich geregelten Abstimmungen (Government) unterstützende Mechanismen wie z.B.:
- die ÖREK-Partnerschaften und Plattformen der ÖROK;
- die regionale Handlungsebene als Bindeglied und Schnittstelle zwischen Bund, Ländern, Städten, Gemeinden sowie weiteren Organisationen und Akteur:innen, die für die Umsetzung benötigt werden;
- intermediäre Organisationen, die Governance managen und gestalten: Regionalmanagements, LEADER-Managements, Managements von Klima- und Energieregionen, Klimawandelanpassungsregionen etc.;
- bilaterale und transnationale Kooperationsstrukturen und -prozesse, die an der Gestaltung grenzüberschreitender europäischer Raumentwicklung mitwirken.
- Ziel 1Die stadtregionale, regionale und interkommunale Handlungsebene stärken
- Ziel 2Das Zusammenwirken von Government und Governance verbessern
- Ziel 3Kommunikation und Beteiligung in der Planung ausbauen
- Ziel 4Räumlich relevante europäische und bilaterale Politiken aktiv mitgestalten und europäische Impulse in Österreich aufgreifen
- Ziel 5Überregionale Raumentwicklung und Raumordnung sektoral und sektorübergreifend ausbauen