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Freiräume ressourcenschonend und für den Klimaschutz gestalten 

PUNKT 4

Nicht bebaute und unversiegelte Grün- und Freiräume umfassen ca. 90 % der Fläche Österreichs. Sie übernehmen wichtige Funktionen sowohl in städtischen wie in ländlichen Räumen. Sie sind die zentrale Quelle für die land- und forstwirtschaftliche Produktion, die Gewinnung von mineralischen und biogenen Rohstoffen und eine wertvolle Ressource für den Tourismus. Sie sind Teil des Risiko- und Schutzmanagements bei Naturgefahren und sichern Biodiversität von Fauna und Flora. Im städtischen Raum geht es auch um die Zugänglichkeit von Grünräumen sowie die Aufrechterhaltung und Verbesserung der mikroklimatischen Funktionen.

Die Fläche für biogene Nutzungen (land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen) ist aber seit 1960 um ca. 15,5 % zurückgegangen. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen haben sogar um 34 % abgenommen (BMLRT 2021a). Eine Fortschreibung der Siedlungs- und Verkehrsflächennutzung/Einwohner:in würde langfristig bis 2060 zu einem weiteren Verlust an landwirtschaftlicher Fläche um ca. 12 % führen (Hiess 2015). Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien kommen zusätzliche Ansprüche auf die knappen Flächen hinzu. 

Neben den Freiflächen nimmt auch die Biodiversität ab. Der Rückgang fliegender Insekten, die Gefährdung von einem Drittel der Brutvogelarten oder die zunehmende Zerschneidung von Lebensräumen sind Indikatoren dafür (Umweltbundesamt 2019). 5 % wertvoller Biotope befinden sich in gewidmetem, aber noch nicht bebautem Bauland (Umweltbundesamt 2019). Die Bioökonomiestrategie des Bundes hat das Ziel, Österreich zum Bioökonomiestandort im Sinne des Klimaschutzes zu entwickeln (BMNT, BMBW, BMVIT 2019). In der Biodiversitätsstrategie Österreich 2030+ (BMK 2021) werden die Vereinbarungen aus der UN-Agenda für eine nachhaltige Entwicklung (Ziel 11 „Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“, Ziel 15 „Leben am Land“) und das UN-Übereinkommen über biologische Vielfalt für Österreich sowie die „EU-Biodiversitätsstrategie 2030 – Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ spezifiziert. Raumentwicklung und Raumordnung werden darin als wichtiger Parameter bei der Umsetzung angesprochen. 

Die räumliche Bezugsebene von Frei- und Grünräumen spannt den Bogen von vergleichsweise kleinen Grünflächen innerhalb bebauter Gebiete bis zu zusammenhängenden Freiraumkorridoren, großflächigen Landschaftsräumen und Schutzgebieten sowie deren Vernetzung. Unter grüner Infrastruktur wird ein strategisches geplantes Netzwerk ökologisch wertvoller, natürlicher und naturnaher Flächen mit Umweltelementen verstanden. Das Netzwerk soll so angelegt und bewirtschaftet werden, dass sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum ein breites Spektrum an Ökosystemdienstleistungen gewährleistet und die biologische Vielfalt geschützt ist.

Es ist daher Aufgabe der Raumentwicklung und Raumordnung, zur Sicherung der Vielfalt und Qualität der Frei- und Grünräume, zum Schutz des Klimas, der natürlichen Ressourcen und der Biodiversität sowie der Entwicklung der grünen und blauen Infrastruktur in Abstimmung mit der wirtschaftlichen Nutzung beizutragen. Dazu zählt auch das Management von Flächenkonkurrenzen.

Folgende Kernmaßnahmen und Arbeitsformate werden zur Umsetzung vorgeschlagen: 

  • Die Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Freiraumentwicklung, Ressourcenschutz und Klimawandel“ prüfen: Ziele und Grundsätze im Zusammenhang mit den Funktionen von Frei- und Grünräumen sowie Natur- und Kulturlandschaften im Kontext des Klimawandels und Biodiversitätsschutzes und den Anforderungen an Erholungsbedürfnisse zur Aufnahme in den Raumordnungsgesetzen erarbeiten.
  • Modelle und Möglichkeiten zur finanziellen Berücksichtigung von ökosystembasierten Dienstleitungen sowie Steigerung der Erholungseignung im Zusammenhang mit fiskalpolitischen Instrumenten prüfen und deren räumliche Wirkung aufzeigen.
  • Leitlinien und Ausgleichsmechanismen zum örtlich differenzierten Umgang mit dem Zielkonflikt zwischen baulicher (Nach-)Verdichtung einerseits sowie Freiraumsicherung und Durchgrünung andererseits ausarbeiten und gute Praxisbeispiele aufbereiten.

Folgende unterstützende Maßnahmen und Arbeitsformate können zur Umsetzung beitragen:

  • Kriterien und Grundlagen zur robusten und nachvollziehbaren Auswahl und Abwägung von Grün- und Freiraumfunktionen ausarbeiten, und wo sinnvoll und möglich im ÖROK-Atlas zugänglich machen.
  • Interessens- und Nutzungskonflikte auf Grün- und Freiräumen benennen und Wirkungen von Nutzungen umfassend betrachten – insbesondere in Bezug auf Klimafunktionen und neuer Funktionskategorien wie z.B. Klimavorsorge-, Vorrang-, Vorbehalts-, Vorhalte- und Eignungsflächen, aber auch in Bezug auf Erholungsfunktionen.
  • Parameter und Methoden zur räumlichen Konkretisierung von vorrangigen Freiraumfunktionen erarbeiten und pilothaft für unterschiedliche Raumtypen anwenden.
  • Quantitative Zielwerte für grüne Infrastruktur in Siedlungsräumen entwickeln und auf Umsetzbarkeit prüfen. Möglichkeiten zur Sicherung und Ausbau der grünen Infrastruktur im Rahmen von privatrechtlichen Maßnahmen ergänzend zu den Instrumenten der örtlichen Raumordnung (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan) rechtlich prüfen und aufzeigen.
  • Gute Beispiele aufbereiten und Wirkzusammenhänge von Frei- und Grünraumnutzungen sowie den zugrundeliegenden Ökosystemleistungen aufzeigen.
  • Natur-/ökosystembasierte Leistungen von Freiräumen für Klimaschutz und Klimawandelanpassung, die regionale Lebensmittelversorgung sowie Erholungsfunktion aufzeigen. Den Mehrfachnutzen für Gesellschaft und Umwelt darstellen und durch Festlegung multifunktionaler Planungskategorien und Schaffung entsprechender Anreize umsetzen.
  • Modelle und Prozesse zum Aufbau von regionalen Ausgleichsflächenpools erarbeiten und Umsetzungserfordernisse sowie Grundlagen auf fachlicher sowie rechtlicher Ebene bundesweit darstellen bzw. konkretisieren. Diese auf Wirkungen zum Klima- und Biodiversitätsschutz sowie Ernährungssicherheit fokussieren; realisierte flächenbezogenen Ausgleichsmaßnahmen österreichweit erfassen.