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Erreichbarkeit sichern und klimaneutral gestalten 

PUNKT 5

Die regionalen Erreichbarkeiten von Arbeits- und Dienstleistungsstandorten mit dem Pkw sind in Österreich sehr gut. Die regionalen Erreichbarkeiten mit dem öffentlichen Verkehr sind vor allem in den ländlichen Regionen deutlich ungünstiger. Fast ein Fünftel der Bevölkerung außerhalb von Wien verfügt über keine zumutbare Erschließung durch öffentlichen Verkehr, fast 50 % der Bevölkerung (ohne Wien) haben keinen zum Pkw konkurrenzfähigen Anschluss an den öffentlichen Verkehr und nur 22 % (ohne Wien) haben eine sehr gute oder gute Erschließung durch öffentlichen Verkehr (ÖROK Atlas Indikator 85). Die ÖV-Erschließung von Arbeitsplätzen ist noch schlechter. Fast 30 % der Arbeitspendler:innen (inklusive Wien) hat Anspruch auf eine Große Pendlerpauschale und damit keine zumutbare Verbindung durch öffentlichen Verkehr an den Arbeitsplatz (Arbeiterkammer Wien 2020).

Megatrends wie der demografische und gesellschaftlichen Wandel, aber auch die Digitalisierung stellen das Mobilitäts- und Verkehrssystem vor neue Herausforderungen. Mehr Senior:innen, weniger Schüler:innen vor allem in Regionen mit Bevölkerungsrückgang, Homeoffice und multilokale Lebensstile sowie die Flexibilisierung der Arbeitszeiten erschweren die Bereitstellung eines attraktiven, aber gleichzeitig effizienten Angebots im öffentlichen Verkehr. Der wachsende Online-Handel verändert die Zustelllogistik, führt zu einer wachsenden Nachfrage nach Logistikflächen und Verteilverkehren.

Im Green Deal der Europäischen Kommission ist eine Reduktion der Treibhausgase im Verkehr um 90 % bis 2050 vorgesehen. Österreich hat bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr um 36 % gegenüber 2005 vorgesehen, bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein. Das Ziel der Klimaneutralität in Österreich bis spätestens 2040 erfordert noch ambitioniertere Treibhausgas-Reduktionspfade. Die Dringlichkeit der Umsetzung von konkreten Maßnahmen wird damit deutlich erhöht.

Für den Umbau Österreichs zu einem klimaneutralen Lebens- und Wirtschaftsstandort wird die Verbesserung der Erreichbarkeit mit klimaverträglichen Verkehrssystemen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr zur zentralen Aufgabe der nächsten Jahre. Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge ist dafür keine ausreichend nachhaltige Lösung, auch wenn man davon ausgeht, dass der Strom mit österreichischen erneuerbaren Energiequellen produziert wird. Eine Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr, den Rad- und Fußverkehr bleibt daher eine zentrale Notwendigkeit. 

Gleichzeitig ist die Erreichbarkeit der Funktionen der Daseinsvorsorge für alle ein wichtiger Bestandteil einer gerechten Raumentwicklung. Dafür braucht es kompakte und gut durchmischte Siedlungen mit kurzen Wegen, polyzentrische Strukturen, die eine hohe Versorgungsqualität mit Gütern und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge ermöglichen sowie Achsen und Knoten des öffentlichen Verkehrs als Rückgrat für die Siedlungsentwicklung. Die Abstimmung von Raumentwicklung und Verkehrssystem ist in Übereinstimmung mit dem Mobilitätsmasterplan 2030 und der FTI-Strategie Mobilität eine Voraussetzung für eine klimaneutrale Erreichbarkeit, mit der dennoch gleichwertige Lebensbedingungen für alle angeboten werden können. 

Folgende Kernmaßnahmen und Arbeitsformate werden zur Umsetzung vorgeschlagen: 

  • ÖREK-Partnerschaft „Plattform Raumordnung und Verkehr“ vertieft weiterführen.
  • Die Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Klima- und raumverträglicher Tourismus“ prüfen.

Folgende unterstützende Maßnahmen und Arbeitsformate können zur Umsetzung beitragen:

  • Weiterhin regelmäßige Aktualisierung der österreichischen Erreichbarkeitsanalyse.
  • Weiterentwicklung der ÖV-Güteklassen im Rahmen der ÖREK-Partnerschaft „Raumordnung und Verkehr“ in Richtung Integration von Arbeitsplätzen und Betriebsbauland.
  • Prüfung eines Mechanismus zur Koppelung von Bundesinvestitionen umweltfreundlicher Infrastruktur durch öffentlichen Verkehr und Rad- sowie Fußverkehr an stadtregionale Entwicklungskonzepte.
  • Klärung der Zweckmäßigkeit weiterer gemeinsamer Aktivitäten der ÖROK zum Thema „Betriebsstandorte mit Schienenanschluss“ im Rahmen der ÖREK-Partnerschaft „Plattform Raumordnung und Verkehr“.
  • Klärung der Zweckmäßigkeit weiterer gemeinsamer Aktivitäten der ÖROK zum Thema „Klimaneutrale, umwelt- und stadtverträgliche Verteillogistik“ im Rahmen der ÖREK-Partnerschaft „Plattform Raumordnung und Verkehr“.
  • Dokumentation der Entwicklung der Erschließungsqualität von öffentlichem Verkehr nach Güteklassen für öffentlichen Verkehr für Arbeitsplätze und Betriebsbauland im Rahmen des ÖROK-Atlas.
  • Grundlagen für die fachlichen Empfehlungen z.B. die Entwicklung von nachfrageorientierten Standards für öffentlichen Verkehr sowie neue Empfehlungen insbesondere für Raumtypen mit derzeit geringer Erreichbarkeit durch öffentlichen Verkehr sowie Güteklassen erarbeiten und in einer ÖROK Empfehlung fokussieren.
  • Rechtliche Grundlagen zur Raumordnung und zum Bauwesen sowie formelle Instrumente der überörtlichen und örtlichen Raumplanung prüfen. Den bundesweiten bzw. institutionenübergreifenden Handlungsbedarf zur Abstimmung von Siedlungsentwicklung und Energieverbauch durch Mobilität klären.
  • Rechtliche Möglichkeiten zur Verknüpfung von formellen Instrumenten der örtlichen Raumordnung (Flächenwidmung, Bebauungsplan) mit zivilrechtlichen Verträgen (Mobilitätsverträge) aufzeigen und eine ÖROK-Empfehlung ausarbeiten.
  • ÖROK-Erreichbarkeitsmodell um Elemente des Umweltverbundes weiterentwickeln und durch die ÖREK-Partnerschaft „Plattform Raumordnung und Verkehr“ begleiten.
  • Studie zu „Zentralität und Raumentwicklung in Österreich“ aktualisieren, um „Polyzentralität“ sowie Ergebnisse aus ÖROK-Erreichbarkeitserhebung und Güteklassenmodell für öffentlichen Verkehr ergänzen.